Wir beraten

Anselm Grün, Bilder von Jesus   

Buch des Monats April 2006

Ich bin im Zusammenhang mit unserem neuen Kurs «Glaubenssache. 7 christliche Updates» auf das Buch von Anselm Grün gestossen. Der Kursabend, der sich mit dem historischen Jesus, seiner Botschaft und Praxis beschäftigt, setzt sich auch mit Jesusbildern auseinander. Unter dem Titel «Zum Wohl – Anstossen auf das Reich Gottes» wird das Bild von Jesus als «Fresser und Säufer» zum Anlass genommen, nach dem zu fragen, was Jesus feiert: das Reich Gottes. Das ungewohnte Bild von Jesus als Fresser und Säufer entdeckte ich auch unter den 50 Bildern von Jesus, die Anselm Grün zeichnet (Bild Nr. 12). Und daneben noch 49 andere, ebenso ungewohnte und ganz bekannte: Jesus der Feindschaftsfähige, der Fusspfleger, das Gespenst, Jesus der Jude, der gute Hirte, der Auferstandene u.v.m.
Auch in den Zielsetzungen kommt Grüns Buch den Anliegen der «Glaubenssache» sehr nahe. Interesse zu wecken für den Rabbi aus Nazaret, die Menschen neugierig machen, sich von neuem mit ihm auseinanderzusetzen.

Grün regt jeweils in drei Schritten zur Auseinandersetzung mit einem Bild von Jesus an. Zunächst beschreibt er was wir aus den neutestamentlichen Schriften zum jeweiligen Jesusbild erfahren. Dazu liefert er nach Bedarf auch Informationen über den zeitgeschichtlichen Hintergrund, z.B. im Bild Nr. 22: Jesus der gute Hirte.
Anschliessend legt er die Texte bzw. Elemente des Bildes aus. Diese Auslegung mündet in Fragen an die Leserin bzw. den Leser, die zur Begegnung mit (dem Bild von) Jesus im eigenen Leben einladen. Diese Fragen wollen heutige Menschen, «Menschen zu Beginn des neuen Jahrtausends» ansprechen. Sie sprechen aktuelle Lebenserfahrungen an und setzen keine religiöse Sozialisation voraus.
Das Buch schliesst mit einem ganz persönlichen Reflexion Anselm Grüns und dem Bekenntnis, wie die Begegnung mit Jesus sein Leben und seinen Glauben prägt.
Die Balance zwischen persönlichem Bekenntnis und historisch-kritischer Auseinandersetzung mit dem Neuen Testament ist für mich gut gelungen. Einzig eine Formulierung in der Einleitung («ein neues Jesusbuch … Eines, das Jesus so zeigt, wie er wirklich war» S. 9) fällt hinter die Erkenntnis zurück, dass wir in allen Quellen über Jesus bereits Bilder von Jesus vorfinden, Zeugnisse späterer Generationen, was ihnen Jesus für ihr Leben und Zusammenleben bedeutet.
In der Einleitung reflektiert Grün unter der Überschrift «Bilder sind wie Fahrzeuge» über die Chancen dieser offenen und pluralistischen Form des Zugangs zu Jesus (und wie ich finde zu allen anderen biblischen Personen und Geschichten): «Bilder legen nicht fest. Sie sind wie ein Fenster, durch das wir in die Weite hinausschauen. Jedes Fenster bietet eine andere Aussicht. Bilder laden jeden ein, sich sein eigenes Bild zu machen. Bilder öffnen die Augen. Aber sie lassen uns auch die Freiheit, über ein Bild hinwegzusehen, wenn es uns nicht anspricht… Bilder sind wie Fahrzeuge. Sie bringen uns in Bewegung. Aber manchmal bleiben Fahrzeuge auch stehen … Dann müssen wir in ein anderes Fahrzeug umsteigen, dann müssen wir andere Bilder suchen» (S. 10).

Peter Zürn

Anselm Grün, Bilder von Jesus, Vier-Türme-Verlag Münsterschwarzach, 2. Auflage 2001

2024 | 2023 | 2021 | 2019 | 2018 | 2017 | 2016 | 2015 | 2014 | 2013 | 2012 | 2011 | 2010 | 2009 | 2008 | 2007 | 2006 | 2005