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Feministische Bibelwissenschaft im 20. Jahrhundert   

Buch des Monats

Elisabeth Schüssler Fiorenza, Renate Jost (Hg.) Feministische Bibelwissenschaft im 20. Jahrhundert (Bibel und Frauen, Band 9.1) Stuttgart: Kohlhammer 2015 456 S. / ISBN 978-3-17-028989-5

«Feministische» Forschung umfasst gender- und befreiungstheologische, postkoloniale, queere und interreligiöse Themen. Also ein Riesengebiet, das in diesem Band in Bezug auf biblische und andere heilige Texte eingegrenzt ist. Einen Überblick sucht Elisabeth Schüssler Fiorenza im einleitenden Text «Zwischen Bewegung und Akademie» den Lesenden zu bieten. Für die Generation «Frauenbewegung» und die feministisch akademische Szene, liest sich die Hinführung der Pionierin feministischer Bibelforschung wie ein Fotoalbum jahrzehntelanger Anstrengungen. Von Bemühungen um Analysekategorien, um Verwurzelung der Forschung in der Erfahrungswelt von Frauen in unterschiedlichsten Kontexten bis hin zum Aufbruch der bekannten dämlich herrlichen Sprachbarrieren, die seit der sogenannten Aufklärung ein Modell von zwei gegensätzlichen Geschlechtern zementierten.

Das erste Kapitel zeichnet «eine Karte feministischer Bibelwissenschaft» rund um den Globus. Namhafte Dozentinnen aus den USA, Lateinamerika und der Karibik, Afrika, Südeuropa und Asien fassen zusammen, wie die sozio-kulturellen Bezüge Einfluss nahmen auf die Theologische Forschung und welche Prämissen sich daraus für die feministischen Lesarten der Bibel ergaben.
Inwiefern feministische Hermeneutik beim Lesen heiliger Texte neue Räume entdeckt, die durch eine jahrhundertelange patriarchale und antisemitische Lesart verschüttet blieben, beleuchtet das zweite Kapitel. Hier werden die Türen geöffnet zur jüdisch-feministischen Midrasch-Forschung, zu «neuer» christlicher Hermeneutik und auch zu einer gendergerechten Perspektive auf den Koran.
Einen weiteren Schwerpunkt setzt das dritte Kapitel, indem es sich kritisch der Methoden annimmt, die einerseits der anderen Lesart der Feministischen Exegese zu verdanken sind, die andererseits aber selbst auch zu neuen Hierarchien geführt haben. Es sind Erkundungen, die zukunftsweisend sind für die Weiterentwicklung feministisch biblischer Arbeit.
Das vierte Kapitel widmet sich der verändernden Kraft der Bibel und fasst in drei Plädoyers beispielhaft zusammen, auf welche Weise an Veränderung und Umgestaltung gearbeitet werden kann. Der Band schliesst mit einem weiteren Beitrag in diesem Kapitel von Renate Jost zur bisherigen Institutionalisierung feministischer Bibelwissenschaft im deutschsprachigen Kontext und stellt wichtige Projekte, Zeitschriften und Einrichtungen vor.

(Katja Wißmiller)

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